Neulich im Kampfkunstunterricht haben wir eine Übung gemacht, bei der es darum ging spontaner zu werden. Die Übung funktionierte so, dass beide Partner ständig Kontakt mit den armen hatten und sobald der eine langsam angegriffen hat, sollte der andere sich aus der Schusslinie bewegen und seinen Körper an die Bewegung anpassen. Das hört sich auf den ersten Blick vielleicht etwas einfach an, vor allem weil es langsam trainiert wurde, allerdings ist es eine Herausforderung sich anzupassen und zu bewegen, wenn man das nicht gewöhnt ist. All zu oft entstanden Situationen, in denen die Partner mit dem Spiel neu beginnen mussten, weil einer der beiden sich nicht auf den Angriff des anderen eingelassen hatte und sich daran anpassen konnte.
Ich habe einmal in einem Buch etwas über die Struktur der Spontanität gelesen. Der ein oder andere denkt sich jetzt vielleicht, wie kann Spontanität Struktur haben, wenn doch alles spontan und zufällig passiert.
Der Autor hat sich dazu der Arbeitsweise von spontanem Theater bedient. In dieser Art von Theater ist nichts vorher aufgeschrieben, es gibt keine Handlung und kein Drehbuch und trotzdem entstehen spannende und lustige Stücke.
Der Grund dessen besteht in der Haltung beider Protagonisten, in der Art wie sie interagieren. Denn immer dann wenn der eine zum Beispiel eine Frage stellt, hat der andere die Möglichkeit mit einer langen offenen Antwort zu antworten, an der der Fragesteller wieder anknüpfen kann während die Antwort eines einfachen Ja oder Neins, die Handlung nicht vorantreiben würde. Das heißt Spontanität entsteht im Passieren lassen und sich treiben lassen von Geschehnissen. Stellen wir ein Hindernis in Form eines Wortes oder einer Abwehr, unterbrechen wir den Fluss und es geht unter Umständen ein großes Potential an Prozessentwicklung verloren. Darüber hinaus ist es wichtig, dem anderen etwas zu geben, an das er anknüpfen kann. Es entsteht eine Situation und der beide sich den Ball zuspielen und keine egoistische anspannende Situation, die sich nicht entwickelt.
Genauso ist es mit der Arbeit an unserem Bewegen und unserem Körper. Je spontaner wir Bewegung entspannt zulassen, anstelle von angespannten mit dem Kopf gedachten Bewegungen, desto mehr an Entwicklung findet im Körper statt und es finden womöglich ganz neue Bewegungen statt, die unsere Sammlung an bekannten Bewegungen bereichern und zur unserer körperlichen Flexibilität beitragen können. Runde Bewegungen, die langsam und entspannt ausgeführt werden, geben Spielraum für eine Prozessentwicklung, die zu neuen Horizonten führen kann und uns sichtlich spontaner mit unserem Körper macht und vor Allem spontaner im Geist. Denn wenn wir lernen in unserem Körper Dinge passieren zu lassen und die Fähigkeit und spielerische Lust entwickeln mit diesen Dingen zu experimentieren und ihnen keine Hindernisse in den Weg legen, gedanklich oder körperlich, kann in uns einiges passieren und uns letzten Endes zu Menschen werden lassen, die ein Leben voller Anpassung und Spontanität leben, in dem wir wesentlich zufriedener und glücklicher sind.
Leave A Comment