Bewegung im Kopf

In den zahllosen Büchern, die ich lese und schon gelesen habe, geht es nicht immer nur um Bewegen und Faszien, sondern oft auch um Themen wie persönliche Entwicklung und zur Zeit auch vermehrt um Philosophie, die über zweitausend Jahre alt ist.

Das alte indische Wissen um die Welt und die Wirklichkeit ist in dem Sinn interessant, das sie es irgendwie zu schaffen scheint, das in Worte zu fassen, was man eigentlich nicht in Worte fassen kann, nämlich ein Gefühl. Diese Bücher sind deshalb oft als Romane aufgebaut, in denen es einen Suchenden gibt und einen, der sozusagen die Ahnung hat und mithilfe von Göttern und Geschichten das dahinter liegende Wissen vermittelt.

Dieser Artikel soll nicht philosophisch werden, denn das würde ja die Leute abschrecken. Viel mehr geht es um Wissen, das man auf andere Bereiche des Lebens übertragen kann.

Ich sehe mich zur Zeit auch als eine Art Suchenden, der immer mehr feststellt, eben weil ich ein paar solcher Bücher lese, dass wir das was wir suchen schon haben. Erst vor ein paar Tagen ging mir ein kleines Licht auf, nachdem ich wieder ein paar Seiten aus einem Buch gelesen hatte. Der Inhalt war im Groben sowas wie „Die Welt existiert nicht und sie wurde nie erschaffen“ oder „Alles beruht auf purem Bewusstsein“ bis hin zu „Ein Schmuckstück ist Gold in der Form eines Schmuckstücks“.

Diese Sätze sind wenn man sie so liest natürlich seeehr merkwürdig und jeder denkt sofort der, der sowas behauptet hat ein Rad ab….

Aber was ist denn wenn wir diesem Inhalt für einen Augenblick Gehör schenken?

Das was einzig und allein existiert ist Bewusstsein

Woher weiß das Herz, das es in einem Rhythmus von 60-80 Schlägen pro Minute schlagen muss. Weiß der Muskel, dass er das, was ein Muskel macht, macht? Oder weiß die Faszie, dass sie sich bei Stress zusammen zieht?

All diese Prozesse fanden auch schon vor 10000 Jahren statt, in den Neandertalern. Waren sie sich dessen bewusst? Nein! Aber etwas, das nicht weit entfernt von einem Bewusstsein ist, macht es einfach.

Natur ist das was aus sich selbst heraus passiert

Alles, was wir mit unserem Verstand kategorisieren, analysieren, synthetisieren, selektieren ist für die Natur an sich einfach nur ein Ganzes Bewusstsein. Dieses Bewusstsein oder dieser einfach selbst statt findende Prozess hat weder eine Form noch irgendeine Art an sich.

Was genau fühlst du bevor du deinen Herzschlag als solchen klassifizierst mit deinem Verstand? Oder was genau fühlst du wenn du eine Bewegung als solche in deinem Körper zulässt, BEVOR du sie als Bewegung kategorisierst?

Faszien sind ein Organ der Form oder machen WIR Faszien zu einem Organ der Form?

Welche Form streben Faszien an? Was ist die perfekte Körperform? Die perfekte Bewegung? Von all diesen Sachen hat die Natur gar keinen Plan. Das braucht sie auch nicht, denn dieser Prozess der Entwicklung tief unter diesen Formen hat keine Form.

Dieser „Weise Mann“ in dem Buch behauptet, dass wir unseren Verstand falsch gebrauchen. Er behauptet, dass die Welt, so wie sie uns erscheint, quasi vor der Linse nicht real sein kann.

Wenn ich den Herrn richtig verstehe, dann geschieht diese Wahrnehmung auf der Grundlage, dass wir jeden einzelnen Impuls, den wir wahrnehmen sofort in eine Form zwingen. Diese Form aber von uns kommt.

Siehst du zum Beispiel jemanden, der eine Skoliose hat, sagst du bzw. denkst „der hat eine Skoliose.“. Du denkst an das, was du mit dem Wort Skoliose verbindest (Rechts oder linksseitige Verformung der Wirbelsäule). Das ist eine Klassifizierung, die dein Verstand aufgrund von Vergleichen aus deiner Erfahrung heraus anstellt. Für die Natur der Wirbelsäule kann es kein rechts, links oder aufrecht etc. geben, weil das eingrenzende Gedankeninhalte sind aus unserem Verstand.

Die Natur passiert einfach. Deine Wirbelsäule auch. Sie passiert aus sich selbst heraus, eben weil sie pure Natur ist.

Auch deine Körperhaltung, Körperstruktur ist im Grunde purer Naturprozess, pures allgegenwärtiges Bewusstsein, das sich individuell manifestiert in eben dem, was wir als Wirbelsäule oder Körperstruktur sehen.

Genauso können wir Faszien nie zu einem Organ der Form erklären. Faszien sind und bleiben formloser Prozess, der sich in einer spezifischen Weise für uns zeigt und dem wir dann mithilfe unseres Verstandes eben diese typischen BEGRIFFE aufsetzten, damit dieser formlose Prozess für uns erkennbar wir.

Aber wir erkennen ihn nicht als Ganzen, nur in dem Rahmen wie unser Verstand dazu in der Lage ist.

Faszien können bestenfalls ein Modell sein.

Genauso wie der „Heilige“ sagt, dass wie Welt so wie wir sie wahrnehmen nicht existiert, weil sie auf Basis unserer Art zu denken in uns zum Ausdruck kommt, so tun das auch die Faszien.

Unser Denken in Formen ist quasi ein Rahmen in sich, eine Einschränkung.

Meiner Meinung nach bekommt der Spruch „Bewegung findet im Kopf statt“ vor diesem Hintergrund eine gaaanz andere Bedeutung. Entwicklung findet im Kopf statt oder besser gesagt auf der Basis WIE wir denken. Sehen wir die Welt und somit Faszien und Bewegen in Kategorien oben unten rechts links, oder in entspannt oder angespannt. Oder sehen wir die Welt in einem all gegenwärtigen allem zu Grunde liegenden FORMLOSEN Prozess, der sich unter bestimmten Rahmenbedingungen zu etwas manifestiert.

Was würde passieren, wenn wir körperliche Entwicklung an sich oder das, was wir dabei denken, wenn wir daran denken einfach fallen lassen, damit das, was WIRKLICH dahinter steckt zu seiner Entfaltung kommen kann, nämlich pures Bewusstsein?

Verstehst du, jeder Begriff, damit meine ich Denkinhalt, ist ein Inhalt mit einer bestimmten Form. Form bedeutet Begrenzung. Selbst der Begriff Freiheit. Alles, was wir uns versuchen zu erdenken ist im letzten Schritt doch nicht die ganze Wahrheit, eben weil wir sie mit der Ressource Verstand in eine Form bringen.

Selbst wenn ich Bewusstsein schreibe ist das eine Form von Vorstellung, die dem natürlichen realen Bewusstsein nicht entspricht.

Die besten Dinge sind unausgesprochen, die zweitbesten Dinge sind missverstanden und die dritten sin Konversation.

Welche Entwicklung können wir erreichen, wenn wir uns im Stillen wieder langsam bewusst machen, dass im Grunde alles, was unsere Wirklichkeit ausmacht, nur Einbildung ist, sie bildet sich in unserem Verstand mit bestimmten Ressourcen.

Bist du bereit das, was du als Gesundheit, Körperhaltung, Entwicklung, Bewegung für wahr hälst, als bloße Einbildung an zu erkennen, damit das, was WIRKLICH dahinter steckt sich manifestieren kann, nämlich einzig und allein Bewusstsein?

„Verschwindet die Überzeugung, verschwindet das Hindernis.“ Was passiert, wenn wir uns von der Überzeugung distanzieren, die Welt besteht aus vielen kleinen Einzelteilen hin zu einem einzigen spontan agierenden Prozess, der IN UNS zum Ausdruck kommt?

Unter diesem Aspekt rückt der Denkinhalt Bewegen, Faszien, Körperhaltung, Gesundheit immer mehr in den Hintergrund und es bleibt im Grunde nur formlose Entfaltung eines einzigen Prozesses.

Wenn das Schmuckstück vom Anfang im Grunde Gold ist, was sind dann wir Menschen als Schmuckstück im GRUNDE, ohne Form?

P.S. Das Buch, vom dem ich gesprochen habe heiß „Yogavasishta“.